Heute legen wir die Arbeit beiseite und tauchen ein in die Welt der Datteln, der Schätze des Draa-Tals, das bunte Markttreiben von Agdiz und marokkanische Gelassenheit.
Heute ist Freitag. Wobei es nicht ganz stimmt. Denn eigentlich ist Donnerstag. Doch donnerstags ist in Agdiz Sukh (Markt). Dann arbeiten die Maalems (marokkanischen Baumeister) nicht oder nur den halben Tag. Schließlich ist es der Tag, an dem man sich für die nächste Woche mit Lebensmitteln und anderen Notwendigkeiten eindeckt. Es ist der Tag, an dem die Menschen auf den Dörfern, die von den Transfers ihrer Lieben in den Städten leben, zur Post gehen, um die wöchentliche Überweisung abzuholen. Es ist jener Tag, an dem das kleine Städtchen Agdiz zu einem ungeahnten Leben erwacht.
Auch wir machen heute frei. Das Rammen und Putzen der letzten Tage steckt uns noch in den Knochen. Umso schöner ist es, etwas ausschlafen zu können, gemütlich zu frühstücken und uns dann in die nahe gelegene Städtchen aufzumachen. Vorher besuchen wir noch die hiesige Kooperative. Hier werden die Datteln der Region Mezquite und darüber hinaus verarbeitet, verpackt und für den Verkauf fertig gemacht. Die Datteln sind begehrt, haben schon mehrere Preise eingeheimst. Und werden sogar nach Belgien und bald wohl auch nach Bulgarien exportiert. Die Kooperative hat im wesentlichen neun der 264 verschiedenen Dattel-Varietäten im Angebot. Vier davon dürfen wir sogar verkosten. Es ist himmlisch! Selbst jene, die bisher keine Freunde der süßen Frucht waren, zeigen sich begeistert - und schlagen zu!
Wir erfahren viel über die Qualität von Datteln. Zum Beispiel, dass der Regen im September letzten Jahres, der für die Landwirtschaft hier so dringend nötig und gut war, für die Datteln von Nachteil war. Sie wurden feucht und Schädlinge gingen rein. So fiel die Ernte letztes Jahr 60 % geringer aus, was sich auch in den Preisen widerspiegelt.
Bei Datteln gilt die scheinbar plumpe Wahrheit, je größer, desto besser. Doch auch jene Datteln, die als zu klein oder nicht gut genug für den menschlichen Verzehr angesehen werden, finden Verwendung - als Tierfutter. Sie sind sogar sehr begehrt, machen sie das Fleisch doch wertvoller! Und weil Datteln das Gold des Draa Tales sind, wird nichts davon weggeschmissen. Selbst die Kerne werden getrocknet und gemahlen für den Berber-Kaffee, als Medizin oder Tierfutter genommen. Es ist jedenfalls ein tolles Gefühl, einem ganzen Lager voll dieser Köstlichkeiten gegenüber zu stehen!
Auf dem Markt dann ist das erste, was wir sehen, Datteln. Wir fühlen uns fast schon wie Fachleute beim Beurteilen, um welche Varietät es sich handelt. Von Obst und Gemüse, über Fleisch, gebrauchten Sachen bis hin zu all den Dingen des täglichen Lebens ist alles zu finden. Es gibt wohl nichts, was es nicht gibt. Alte Reifen werden zu Eimern, alte Gasflaschen zu Wasser-Karaffen. Leider lässt sich das nicht fotografieren, dafür ist die unmittelbare Erfahrung umso umwerfender!
Die Zeit, die jeder für sich im Städtchen verbringt, ist eine sehr marokkanische. Gemächlich entfaltet sich hier das Leben, ob bei einem Kaffee oder einem Spaziergang durch die Straßen und Gassen, die immer wieder Überraschungen bereithalten.
Der Tag klingt aus beim Abendbrot und Teilen der Anekdoten des Tages auf der Dachterrasse. Und beim Bewundern des endlosen Sternenhimmels und wunderbaren Mondes.
Fotos: Holger Miska